Axel Weber, der scheidende Verwaltungsratschef der Schweizer Großbank UBS und Ex-Bundesbankpräsident rechnet trotz des wirtschaftlichen Schocks durch den Ukrainekrieg nicht mit einer globalen Rezession: „Ich glaube nicht, dass Europa oder die Welt vor einer tiefen Rezession stehen.
Es gibt deutliche Abwärtsrisiken, aber dank der Entspannung der Coronakrise zeigt sich die Weltwirtschaft momentan noch dynamisch und robust“, sagt Weber im Interview mit dem Handelsblatt.
Die UBS geht in diesem Jahr von einem globalen Wachstum von 3,6 Prozent aus. Was laut Weber „ungefähr dem langjährigen Durchschnitt entspricht“. Für Deutschland erwartet der EX-Bundesbanker sogar ein Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent, das sogar über dem „langjährigen Durchschnitt“ liege.
Weber übt harte Kritik am Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) und fordert eine „raschere Verschärfung“ der Geldpolitik. Die Notenbank habe sich mit ihrer zögerlichen Haltung im Kampf gegen die Inflation „selbst in eine schwierige Situation“ manövriert. „Einige frühe präventive Schritte bereits im vergangenen Jahr hätten vielleicht weitreichendere Eingriffe verhindert, die jetzt notwendig werden könnten.“
Im März stiegen die Verbraucherpreise in der Eurozone auf den Rekordwert von 7,5 Prozent. Damit liegt die Inflation weit über dem Stabilitätsziel der EZB von zwei Prozent. Weber fürchtet, dass die Teuerung weiter in Richtung acht Prozent anzieht.
Die EZB will im dritten Quartal ihre milliardenschweren Anleihekäufe beenden, wenn es der Inflationsausblick zulässt. Das Aus des Anleihen-Programms gilt als Voraussetzung für eine Zinswende, die „einige Zeit“ danach vollzogen werden soll. Weber hält es „angesichts der aktuellen Teuerungsraten und der Inflationserwartungen nicht für hilfreich, damit noch so viele Monate zu warten.“
Nach zehn Jahren an der Spitze des UBS-Verwaltungsrats gibt Weber dieses Amt am kommenden Mittwoch mit der Generalversammlung auf. Der seit langem erwarteten Konsolidierung der europäischen Großbanken erteilt Weber im Handelsblatt-Interview eine Absage: „Wir haben uns in den vergangenen Jahren deutlich von der Konkurrenz abgesetzt. Bei uns hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass wir aus eigener Kraft sowie durch gezielte Übernahmen, die unsere Fähigkeiten ergänzen, eine höhere Wachstumsdynamik erreichen können. Das ist für uns vielversprechender als mit einer Universalbank zu fusionieren und diese dann mühsam in die UBS zu integrieren.“
In Zukunft werde sich die UBS vor allem auf das Wachstum in Übersee konzentrieren: „Das Wachstum findet vor allem in dynamischen Märkten mit tiefen, liquiden Kapitalmärkten statt – und das sind nun einmal insbesondere die USA und Asien, allen voran China. Auf diese Regionen werden sich unsere Wachstumsinitiativen konzentrieren“, betonte Weber.